Über 80% der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Durch die familiäre Pflegearbeit leiden die Pflegenden, meist Frauen, allerdings häufiger unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Überlastung, bürokratischen Hürden, Isolation und finanziellen Belastungen durch Arbeitszeit- und Einkommensverlust.
Die AWO fordert, die im Koalitionsvertrag vereinbarte und dringend notwendige Umsetzung der besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf endlich voranzubringen. Beispiele sind die Ausweitung der Familienpflegezeit und die Einführung eines Familienpflegegeldes in Form einer Entgeltersatzleistung.
Dazu Kathrin Sonnenholzner, Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt: „Pflegende Angehörige und ihre Familien benötigen verlässliche und unkomplizierte Unterstützung im Quartier. Kommunen müssen im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge Verantwortung übernehmen und regelhafte Hilfen installieren. Notwendig sind kostenlose, flächendeckende Beratungs- und Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige“.
Andreas Frank, Geschäftsführer der AW Kur und Erholung , einer Tochter des AWO Bezirks Westliches Westfalen ergänzt: „Der Strukturaufbau gestaltet sich jedoch schwierig, wenn Träger von Angeboten im Rahmen der Daseinsvorsorge nicht unterstützt werden. Hier braucht es ein Zusammenspiel von Politik, Dienstleistungserbringern, der öffentlichen Hand sowie der Selbsthilfe. Durch die Entlastung von pflegenden Angehörigen wird vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels schließlich auch der Arbeitsmarkt gestärkt. Es liegt also eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darin, von Belegungsschwankungen betroffene Angebot wie Vorsorge- und Rehabilitationskliniken oder Tages- und Kurzzeitpflegen besonders zu unterstützen. Es braucht die Möglichkeit einer Anschubfinanzierung und Unterstützung bei Investitionskosten, damit sozial engagierte Träger ihre Vorhaben umsetzen können."
Vor diesem Hintergrund setzt sich die AWO für eine Nachbesserung der Pflegereform ein und fordert insbesondere den Ausbau und die Erleichterung des Zugangs zu Entlastungsangeboten wie Tagespflege, Kurzzeitpflege und niedrigschwellige Nachbarschaftshilfen sowie zu Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen für pflegende Angehörige.
Hintergrund:
Im Jahr 2021 waren bundesweit 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Rund fünf von sechs Pflegebedürftigen (84 % bzw. 4,17 Millionen) wurden zu Hause versorgt. Familienmitglieder, Freund*innen, Bekannte oder Nachbar*innen übernehmen oft die notwendigen pflegerischen Aufgaben und leisten damit einen unschätzbaren Beitrag für die Bewältigung der Versorgungssituation pflegebedürftiger Menschen.